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LOHC–Wasserstoff im Griff des Postfaktischen? Konversation zum Aufstieg einer Erdölblase

Steht uns nach der Energiesparlampe und dem Batterieauto nun die nächste Absurdität der Energiewende bevor? Oder liegen wir mit unseren Einwänden falsch und verkennen das Potential, das im neuen Energieträger LOHC gesehen wird?

Bei der Beantwortung hilft wahrscheinlich eine Konversation, die sich kürzlich zwischen Herrn Prof. Dr. Arlt vom sog. Bavarian Hydrogen Center der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und dem enXpress ergab, beruhend auf einem Leserbrief zu unserem Artikel » Wasserstoff tanken mit LOHC – Durchbruch oder neue Probleme? « vom 7. April ’16:

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Ihr Artikel über LOHC: Durchbruch oder neue Probleme
Sat, 17 Feb 2018 23:02:21
Von: Arlt, Wolfgang
An: Energienovum e. V. | enXpress

Sehr geehrte Redakteure,

dieser Artikel enthält Wahrheiten und Unwahrheiten. Die vielen Unwahrheiten zu kommentieren, sprengt den Rahmen dieser Zuschrift. Aber: niemand möchte einen PKW mit LOHC jetzt betreiben, aber Sie können auf meiner Homepage eine Studie für LKW runterladen, die ich für das BM für Verkehr erstellt habe.

Ich bitte um mehr Sorgfalt bei der Recherche.

Mit freundlichen Grüßen
W.Arlt

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Fwd: Ihr Artikel über LOHC: Durchbruch oder neue Probleme
Sat, 24 Feb 2018 12:07:14 +0100
Von: Energienovum e. V. | enXpress
An: Arlt, Wolfgang

Sehr geehrter Herr Arlt,

nach einer Redaktionssitzung informiere ich Sie über nachfolgende Sachverhalte.

Sie schreiben: » Die vielen Unwahrheiten zu kommentieren, sprengt den Rahmen dieser Zuschrift. Aber: niemand möchte einen PKW mit LOHC jetzt betreiben, aber Sie können auf meiner Homepage eine Studie für LKW runterladen, die ich für das BM für Verkehr erstellt habe. «

Zunächst einmal sind wir beruhigt, dass niemand PKW mit LOHC betreiben möchte – nicht jetzt und hoffentlich auch nicht in Zukunft. Als Gründe hierfür gelten weiterhin die hohe Toxizität, der um das rund 25-fach größere Mengenbedarf als bei Benzin und Diesel, sowie das Vorhandensein einfacherer, günstigerer und gesünderer Alternativen zur Abschaffung von Benzin und Diesel, Gas, Kohle, Uran etc.

Wie nun auch Ihre Studie für das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur » Machbarkeitsstudie Wasserstoff­ und Speicherung im Schwerlastverkehr « zeigt, wäre die Nutzung der LOHC-Technologie für den PKW-Bereich blanker Unsinn. Daher ist es in unseren Augen ein Schritt in die richtige Richtung, dass Sie von Ihrer Ansicht, die LOHC-Technologie sei auch für den PKW-Verkehr geeignet, abgekommen sind (vgl. u. a. Ihr Artikel » Stabile Energieversorgung trotz unsteter Erzeugung «, Solarzeitalter 1|2012). Vielleicht konnten wir durch unseren Artikel » Wasserstoff tanken mit LOHC – Durchbruch oder neue Probleme? « zu dieser positiven Entwicklung beitragen.

Wir möchten Sie bitten, nun auch Ihre Kollegen von Ihrem neuen Standpunkt zu überzeugen, denn schließlich ließen und lassen sich auch von Ihren Kollegen viele Artikel und andere Beiträge finden, die LOHC für PKW propagieren. Darüber hinaus bitten wir Sie, auch die LOHC-Technologie für LKW aus entsprechenden Gründen nicht weiterzuverfolgen.

Mit freundlichen Grüßen
Die Redaktion von enXpress.de

https://www.zeit.de/2013/32/index
Die Zeit, Ausgabe Nr. 32/2013

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AW: Ihr Artikel über LOHC: Durchbruch oder neue Probleme
Sat, 24 Feb 2018 12:24:56
Von: Arlt, Wolfgang
An: Energienovum e. V. | enXpress

Sehr geehrte Redaktion,

ich habe auf Ihrer Internetseite nachgeschaut: die Redaktion besteht offensichtlich aus einem Architekten und einem Software-Ingenieur. Da fehlt grundlegende Fachkompetenz und so sind Ihre Kommentare verständlich.

Ich möchte kurz zu den unten stehenden Absätzen Stellung nehmen:

1. mit dem heutigen Technologiestand ist kein PKW betreibbar, aber es gibt Entwicklungen, die auf Basis LOHC einen solchen Fortschritt machbar erscheinen lassen. Das Nahziel sind LKW und Busse, da gibt es keine gangbare Alternative. Aufsätze Ihrer Redaktion habe ich noch nicht gelesen.

2. Unser LOHC namens DBT ist NICHT toxisch, nicht mal mindergiftig. Es ist kein Gefahrstoff und es gibt keine Mengenbegrenzung für die Mitnahme in Fahrzeugen. Die Norm heißt ADR. Diesel ist z.B. auf knapp 1500 Liter als Treibstoff begrenzt. LOHC als Transportgut wird schon heute ohne die orangefarbenen Schilder transportiert.

3. Der Energieinhalt ist formal 1:5, aufgrund des überlegenen Kreisprozesses ist 1:3 in der Praxis erreichbar. Die Voraussetzung ist ein Wärmemanagement z.B. im Fahrzeug. Da gibt es Hochtemperatur-Brennstoffzellen oder auch H2-Verbrennungsmotoren. Ihre Werte erschließen sich mir nicht.

Sie werden noch staunen, was in nächster Zukunft aus der LOHC-Technik rauskommt. Zum Glück hängt der Erfolg nicht von Ihrer Meinung ab.

Mit freundlichen Grüßen
W.Arlt

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Re: Ihr Artikel über LOHC: Durchbruch oder neue Probleme
Thu, 29 Mar 2018 09:39:25 +0200
Von: Energienovum e. V. | enXpress  | Ehrnsberger
An: Arlt, Wolfgang

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Arlt,
 
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 24.02. Als Vorsitzender von Energienovum e. V. möchte ich mich an dieser Stelle persönlich in die Interaktion zwischen Ihnen und unserer Redaktion einschalten und wie folgt auf Ihre Erläuterungen Bezug nehmen. 
 
Sie schreiben: » Mit dem heutigen Technologiestand ist kein PKW [mit LOHC – Anm. d. Verfassers] betreibbar…«
 
Das hatten wir in unsere Überlegungen einbezogen und es ist öffentlich bekannt, dass es sich beim Betrieb von KFZ mit LOHC um ein Entwicklungsprojekt handelt, und nicht um den aktuellen Stand der Technik.

Sie schreiben: »…, aber es gibt Entwicklungen, die auf Basis LOHC einen solchen Fortschritt machbar erscheinen lassen…«
 
Auch abhängig von Ihren Äußerungen der Vergangenheit (flankiert von einer Reihe externer Veröffentlichungen) die hinsichtlich einer LOHC-Nutzung meist positiven Bezug auf PKW anstatt positiven Bezug auf LKW nahmen, ist in der Öffentlichkeit die Vorstellung von LOHC-betriebenen Autos entstanden. Zudem liegt uns eine E-Mail des von Ihnen initiierten Unternehmens Hydrogenious Technologies GmbH vor, in der kein Problem darin gesehen wird, weiterhin diesen Eindruck zu vermitteln: 

 
27. März 2016 | An: info@hydrogenious.net
 
Sehr geehrte Damen und Herren,
 
ich bin sehr am Gelingen der Energiewende interessiert und von Wasserstoff überzeugt. Ich finde die LOHC-Technologie interessant, verstehe aber eines noch nicht. Wie würde der Vorgang praktisch ablaufen?
 
Das Auto tankt die Trägerflüssigkeit und über die Brennstoffzelle wird diese dehydriert – soweit alles klar.
 
Was geschieht mit der dehydrierten Trägerflüssigkeit. Bleibt diese in einem zweiten Tank und wird dieser an der Tankstelle entleert?
 
Vielen Dank.
 
Mit freundlichen Grüßen
A. Ehrnsberger 


29. März 2016 | Von: Cornelius Heydt
 
Sehr geehrter Herr Ehrnsberger,
 
haben Sie zunächst herzlichen Dank für Ihr Interesse an unserer LOHC Technologie. Hierzu ein paar kleinere Erläuterungen/ Korrekturen.
 
Die beladene Flüssigkeit wird nicht direkt ins Auto getankt, dies ist technisch noch nicht umsetzbar. Vielmehr wird sie an die Tankstelle geliefert und kann dort in der bestehenden Infrastruktur für Kraftstoffe gelagert werden.
 
An der Tankstelle wird sie dehydriert und der Wasserstoff unter Druck ins Auto getankt.
 
Die entladene Flüssigkeit wird dann im Rahmen der Logistik zur Wasserstoffquelle zurücktransportiert und kann bis zu 1.000 Mal wiederverwendet werden.
 
Mit besten Grüßen
Cornelius von der Heydt

Um die in der Vergangenheit erfolgten Veröffentlichungen zur LOHC-Nutzung im PKW sinnvoll zu ergänzen, bezieht sich nun auch unsere LOHC-Veröffentlichung zu einem Teil auf PKW. Uns ist doch bewusst, dass der PKW von erheblichem öffentlichen Interesse ist. 
 
Sie schreiben: »… Das Nahziel sind LKW und Busse, … «

Das Erdöl-basierte LOHC in LKW und Bussen zu nutzen beherbergt ebenfalls die von uns beschriebenen Probleme, die umso größer sind, da die Reversibilität begrenzt ist und die Milliarden Tonnen der Substanz bereits nach 1.000 Beladungs-/ Betankungszyklen zu entsorgen sind.
 
Sie schreiben: »… da gibt es keine gangbare Alternative. «
 
Diese These halte ich für gewagt, denn bereits heute ist Wasserstoff ohne LOHC kommerziell an Tankstellen erhältlich und wird auch bereits heute in die dem Endverbraucher vermehrt angebotenen PKW getankt. Auch für die Speicherung existieren die entsprechenden Technologien, sowohl im Detail als auch hinsichtlich erforderlicher Kapazitäten  wohl gemerkt: nicht als Entwicklungsziel sondern bereits heute. A.) Bitte teilen Sie uns mit, weshalb Sie diese Alternativen für nicht gangbar halten.
  
Sie schreiben: » Aufsätze Ihrer Redaktion habe ich noch nicht gelesen. «
 
Zum Thema Wasserstoffspeicherung (ohne LOHC) empfehle ich unsere folgende Veröffentlichung: » Diffusion und Versprödung: Was uns an der Speicherung von Wasserstoff hindert – oder auch nicht «
  
Weiterhin schreiben Sie: » Der Energieinhalt ist formal 1:5…«
 
Damit meinen Sie vereinfacht ausgedrückt unter anderem, dass anstelle einen Liter Diesels fünf Liter LOHC getankt werden müssen, um den gleichen Energiegehalt zu transportieren, und zwar formal.
 
Dieser formale bzw. theoretische und maximal mögliche Zielwert wurde jedoch nach den uns vorliegenden Informationen bislang technisch nicht erreicht. Derzeit tatsächlich möglich sind demnach nur rund 20 Prozent des formalen Werts. Das sind nicht fünf Liter Dibenzyltoluol anstelle des einen Liter Diesels sondern 5 x 5 Liter = 25 Liter LOHC anstelle des einen Liter Diesels. Das tatsächliche (nicht formale) Verhältnis der Speicherdichte liegt demnach nicht bei 1:5 sondern bei 1:25, wie in unserer Tabelle EN.D20160407-01 dargestellt. B.) Sollten hierzu zwischenzeitlich Fortschritte erzielt worden sein, bitte ich Sie, uns die entsprechenden Nachweise zu senden.
 
Am Rande: Wir ziehen den Dieselkraftstoff im Rahmen eines für jeden eingängigen Mengenvergleichs heran, ohne Diesel verteidigen zu wollen. Vielmehr verteidigen wir die Nutzung reinen, regenerativ erzeugten Wasserstoffs ohne LOHC.
  
Sie schreiben: » Unser LOHC namens DBT ist NICHT toxisch, nicht mal mindergiftig. Es ist kein Gefahrstoff… «
 
In dem auf EG-Verordnung 1907/2006 des Europäischen Parlaments beruhenden Sicherheitsdatenblatt zu dem von Ihnen angesprochenen Dibenzyltoluol (DBT, LOHC II) steht unter anderem: Das Produkt ist gemäß Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP) kennzeichnungspflichtig. 

Gefahrensymbol und Signalwort:

Gesundheitsgefahr
Gesundheitsgefahr

 
Einstufung des Stoffs oder Gemischs/ Gefahrenhinweise: H304 Kann bei Verschlucken und Eindringen in die Atemwege tödlich sein. H413 Kann für Wasserorganismen schädlich sein, mit langfristiger Wirkung. (Vgl. unsere Veröffentlichung vom 7. April ’16)
 
Sie schreiben: » LOHC als Transportgut wird schon heute ohne die orangefarbenen Schilder transportiert. «
 
Das ist dann laut EG-Verordnung 1907/2006 des Europäischen Parlaments nicht gesetzeskonform. Bitte tragen Sie dazu bei, diesen Missstand zu beheben. C.) Bitte teilen Sie uns Ihre Quelle mit, aus der hervorgeht, dass DBT nicht toxisch, nicht mindergiftig und kein Gefahrstoff ist. Das Umweltbundesamt hat DBT – wie bereits in unserer Veröffentlichung erwähnt – in seiner Liste der problematischen Stoffe aufgeführt. 

Die Diskrepanz zwischen den von Ihnen, als hochgeschätzten Wissenschaftler verfassten Inhalten und den Tatsachen ist schlussendlich irritierend. In unserer Recherche jedenfalls konnte auch ich keine Unwahrheiten feststellen, ebenso wenig in unseren Veröffentlichungen. Auch die Werte für die Speicherkapazität des LOHC entsprechen denen der Dissertationen Ihrer Fakultät. Wir hoffen, dass die sinnvollen Alternativen zu LOHC weiter an Boden gewinnen und wir Sie eines Tages von der Sinnhaftigkeit dieser Alternativen gegenüber den Mineralölprodukten LOHC und LOHC II überzeugen können.

Die Einleitung Ihrer letzten E-Mail bezüglich des Architekten und des Softwareingenieurs möchte ich zu guter Letzt wie folgt kommentieren: Unsere Gesellschaft täte gut daran, mehr Wert darauf zu legen, was gesagt wird, als darauf, wer etwas sagt.
  
In Erwartung Ihrer geschätzten Antworten verbleibe ich.
 
Mit freundlichen Grüßen
A. J. Ehrnsberger, Dipl.-Ing.

– – –

Die angeforderten Antworten haben wir auch fünf Wochen nach unserer letzten E-Mail an Prof. Dr. Arlt nicht erhalten, was vieles bedeuten kann aber auch vermuten lässt, dass man die Neigung des enXpress, keine Unwahrheiten zu verbreiten, in Erlangen inzwischen anerkennt.

Wir sind im Übrigen nicht der Ansicht, dass uns mit LOHC die nächste Absurdität der Energiewende bevorsteht, denn zieht man die Nachteile dieses neuen Energieträgers heran, dürfte es sich dabei eher um ein PR-Konzept für den institutionellen Selbsterhalt handeln als um ein Realisierungsprojekt für die kommerzielle Nutzung von Wasserstoff.

NACHTRAG: Am 18.05.2018 erhielten wir von Herrn Prof. Dr. Arlt doch noch eine Antwort, deren Veröffentlichung er uns jedoch untersagte.

* * *


 

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Diffusion und Versprödung Was uns an der Speicherung von Wasserstoff hindert – oder auch nicht

Ja, mit Wasserstoff lässt sich regenerativer Strom speichern und über viele tausend Kilometer transportieren – mit vernachlässigbaren Verlusten. Das deutsche Gasnetz, das heute einen Großteil aller Gebäude des Landes miteinander verbindet, kann laut Naturalhy[1], einer groß angelegten technischen Studie der EU, bereits mit der heutigen technischen Ausstattung inkl. unserer Endgeräte einen 50-prozentigen Wasserstoffanteil vertragen, wobei kaum jemand weiß, dass bereits im konventionellen Erdgas von Natur aus ein gewisser Wasserstoffanteil enthalten ist.

Vieles am gesundheits- und umweltfreundlichen Energieträger Wasserstoff gilt bereits heute als gelöst. Nicht gelöst hingegen sind Vorurteile in der Bevölkerung. Viele Menschen vertreten nach wie vor die Ansicht, Wasserstoff sei technisch nicht beherrschbar oder seine Herstellung sei nicht effizient genug. Die aufgeklärteren meinen bereits, Wasserstoff könne in Zukunft eine Rolle bei der Energieversorgung spielen. Beides ist falsch, denn Wasserstoff ist nicht gefährlicher als Erdgas und zu null Prozent radioaktiv. Und Wasserstoff kann nicht erst in einer weit entfernten Zukunft eine Rolle bei der Energieversorgung spielen, sondern bereits heute, und zwar eine entscheidende.

Sind die gebetsmühlenartig vorgetragenen technischen Probleme des Wasserstoffs wirklich so gravierend und seine Herstellung wirklich nicht effizient genug, sodass seine Nutzung heute noch nicht sinnvoll sein kann?

Ein Teil der Antwort: Die Effizienz bei der Herstellung von Wasserstoff spielt eine untergeordnete Rolle, wenn auf der einen Seite alle Rohstoffe, die dafür benötigt werden, kostenlos zur Verfügung stehen (Sonne und Wasser) und auf der anderen Seite Win-win-Strategien zur Finanzierung aller notwendigen technischen Anlagen existieren (z. B. h2ek) [2].

Einen anderen Teil der Antwort, nämlich die zu den primär vorgetragenen technischen Problemen eines großflächigen Einsatzes von Wasserstoff als Energieträger zählenden Faktoren » Materialversprödung « und » Diffusion «, untersuchen wir mit der vorliegenden Analyse. Mit weiteren technischen Faktoren wie dem Kompressionsaufwand, der Druckbetankung und der Effizienz der Elektrolyse befassen wir uns anhand anderer Artikel.

DIFFUSION VON WASSERSTOFF

Was hat es mit der zu hohen oder zu schnellen Diffusion von Wasserstoff durch die Wandungen umschließender Bauteile wie Tank und Leitung auf sich? » Zu hoch « und » zu schnell « klingen ja bereits recht problematisch. Fragt sich, im Vergleich zu was zu hoch und zu schnell. Antwort: Der Vergleich bezieht sich auf das Diffusionsverhalten anderer Gase[3], was sich anhand folgenden Beispiels veranschaulichen lässt:

Man stelle sich die Halle des Boeing-Werks in Everett vor, welches über ein Volumen von dreizehn Millionen Kubikmetern verfügt. Dieses Volumen stellen wir uns zehn Mal nebeneinander vor. In neun dieser Volumen, schwirrt jeweils eine Fliege umher. Diese neun Volumen stehen für die erwähnten anderen Gase. Im zehnten Volumen schwirren zwanzig Fliegen umher. Dieses Volumen steht für Wasserstoffgas. Nun wäre die Aussage, die zehnte Halle verfügte über eine deutlich höhere Fliegendichte korrekt und führte selbstverständlich auch zu einem deutlich höheren Verlust von frei nutzbarem Volumen als bei den anderen Hallen. Doch ausgehend von der Annahme, eine Fliege beanspruchte mit ihrem Körper ein Raummaß von 3 x 2 x 2 mm und verfügte damit über ein Volumen von 0,0000000000012 Kubikmetern (1,2-12 m³), wird deutlich, dass den Fliegen in den Hallen keine entscheidende Rolle beim Volumen zukommt – egal in welcher Halle. Im Vergleich zu den 13.000.000 Kubikmetern einer Halle ist der Verlust an Raumvolumen also offensichtlich zu vernachlässigen, ebenso, wie dies bei der Diffusion von Wasserstoff der Fall ist, denn das Mengenverhältnis ist annähernd vergleichbar.

Quantifizieren lässt sich die Verlustrate von Wasserstoff durch Diffusion mit Hilfe des ersten und zweiten – nicht lachen – Fickschen Gesetzes[4]. So würde eine mit Wasserstoff gefüllte Stahlflasche mit 30 bar Druck, einer Höhe von 1,5 Metern, einem Innendurchmesser von 120 Millimetern und der Wandstärke von 10 Millimetern ca. 46,7 Liter Wasserstoffgas enthalten. Durch Diffusion würden bei einer Umgebungstemperatur von 22°C nach der Fickschen Gleichung nur rund 0,38 Liter verloren gehen – im Zeitraum von 10 Jahren! Rein theoretisch, denn in der Praxis ist die tatsächlich durch die Wandungen hindurchpermeierende Wasserstoffmenge um Zehnerpotenzen kleiner[5], weil die Einstellung der Wasserstoffsättigung an der Wandoberfläche in der Fickschen Gleichung als augenblicklich ablaufender Vorgang angenommen wird; tatsächlich benötigt die Sättigung jedoch Tage und Wochen statt Sekunden. Erwähnenswert ist allerdings, dass die Verluste mit zunehmendem Druck im Speicher um ein Mehrfaches ansteigen, was jedoch aufgrund der immer noch extrem geringen Mengen weder ein Sicherheitsrisiko noch einen relevanten Verlust darstellt.

Ein Kollege gab während einer Diskussion über die Diffusionsgeschwindigkeit allerdings zu bedenken, dass die Wasserstofftanks der BMW-Flotte an Wasserstofffahrzeugen innerhalb von vier Wochen praktisch ihren gesamten Inhalt verloren hatten. Damit hatte der Kollege zwar Recht, ursächlich hierfür war allerdings nicht das Diffusionsverhalten des Wasserstoffs, sondern die Sicherheitstechnik. Die BMW-Flotte verfügte über Kryo-Tanks[6] um den Wasserstoff tief kalt und somit flüssig zu speichern, ohne den Druck von mehreren hundert Bar – aufgrund der benötigten Mengen muss das unter Normbedingungen stark ausgedehnte Volumen von Wasserstoffgas irgendwie verkleinert werden; entweder durch Kompression oder durch herunterkühlen. Leckagen entstanden also nicht aufgrund der Diffusion durch die Gefäßwandungen, sondern per Weg durch die Überdruckventile[7]. Trotz der Wärmeisolation verdampft bei dieser Art der Speicherung kontinuierlich ein Teil des Wasserstoffs und erhöht somit ständig den Druck im Tank, der ständig abgelassen wird, damit es nicht zum Versagen von Dichtungen oder gar zum Bersten des Tanks kommt. Mit den Überdruckventilen wird bei dieser Technologie also Wasserstoff gezielt abgeblasen. Dieser Vorgang hält so lange an, bis kaum mehr Wasserstoff im Tank vorhanden ist.

Das Diffusionsvermögen von Wasserstoff für metallische Umschließungen (Gasflaschen, Rohrleitungen etc.) ist also nicht von praktischer Bedeutung, sondern ein Effekt von rein akademischem Interesse. Bis sich hierdurch eine nennenswerte Menge an Wasserstoffgas außerhalb der Umschließung ansammeln kann, dürften mindestens mehrere Jahrhunderte vergehen. Speicherverluste durch Diffusion in beachtenswerten und sicherheitsrelevanten Mengen sind im Umgang mit Wasserstoff also nicht zu befürchten. Was bleibt, ist das Risiko der Wasserstoffversprödung und die Frage, inwiefern diese relevant ist.

MATERIALVERSPRÖDUNG DURCH WASSERSTOFF

Die Materialversprödung durch Wasserstoff kann mehrere Gründe haben. Einer ist, dass grundsätzlich alle Werkstoffe an Elastizität verlieren, wenn sie abgekühlt werden. Für den Umgang mit tiefen Temperaturen müssen daher Materialien gewählt werden, die unter diesen Bedingungen noch eine gewisse Elastizität aufweisen, was auch für Behälter mit flüssigem Wasserstoff gilt. Diese Art der Versprödung ist also nicht speziell auf Wasserstoff zurückzuführen[8].

Bei der Auswahl der Materialien speziell für Wasserstoffanwendungen ist der Einfluss von Wasserstoff selbst, unabhängig ob tief kalt, flüssig oder als Gas vorliegend, auf die Materialeigenschaften zu berücksichtigen. Aufgrund der Vielzahl an verschiedenen Werkstoffen und Legierungen ist eine verallgemeinernde Beschreibung von Einfluss und Auswirkung schwierig. Vielmehr erweist es sich als zielführend, jene Materialien zu beschreiben und zu charakterisieren, die für Anwendungen mit Wasserstoff besonders geeignet sind[9].

Wasserstoffversprödung, ein Phänomen, das nur bei Metallen auftritt aber längst nicht bei allen, lässt sich dadurch erklären, dass der atomare Wasserstoff den Zusammenhalt des Metallgitters schwächt (Dekohäsion[10]) und etwaig vorhandene Anrisse schneller wachsen lässt. Anders gesagt: Der Wasserstoff beschleunigt bei diesen Metallen die so genannte Spannungsrisskorrosion. Anfällig sind vorwiegend Metalle mit einem kubisch-raumzentrierten Gitter, wie dies etwa bei ferritischen Stählen der Fall ist, wohingegen Metalle mit einem kubisch-flächenzentrierten Gitter wie Aluminiumlegierungen, austenitische Stähle, und Nickel, nicht nennenswert angegriffen werden. Auch die Werkstoffe der zuerst genannten Gruppe können in der Wasserstofftechnik Verwendung finden, wenn man durch geeignete Gestaltung der Werkstücke die darin auftretenden Spannungen unterhalb einer bestimmten Schwelle hält und man beispielsweise durch Oberflächenbeschichtung das Auftreten von Anrissen unterdrückt[11]. Am einfachsten und sichersten lässt sich die Versprödungsgefahr jedoch durch die Verunreinigen des Wasserstoffs mit einem geringen Anteil an Sauerstoff unterbinden. In Anbetracht dessen, dass ab einer Verunreinigung von 200ppm mit Sauerstoff (0,02%)[12] eine Dissoziation von H2 nicht mehr zu beobachten ist, stellt dies durchaus eine Möglichkeit dar, bei ferritischen Standardstählen die Versprödung auf einfache Art zu vermeiden. Damit existieren mehrere Auswahlmöglichkeiten, die Materialversprödung durch Wasserstoff in einer nicht relevanten Größenordnung zu halten bzw. diese gänzlich auszuschließen.

SONDERFALL OXYHYDROGEN

Die Tatsache, dass Wasserstoff, wie oben beschrieben, leichter als bei anderen Gasen durch bestimmte Metalle diffundiert, wird oftmals auch auf Oxyhydrogen (HHO) übertragen. Speicherverluste in beachtenswerten oder sicherheitsgefährdenden Mengen sind dabei aber gänzlich ausgeschlossen, was sich, wie am Ende des vorhergehenden Abschnitts erörtert, auch insofern auf die Materialversprödung auswirkt, als dass sie nicht stattfindet[13]. Bei Wasserstoffgas, das mit dem erwähnten Anteil an Sauerstoff verunreinigt ist, liegt dabei u. a. aufgrund der für einen möglichen Oxidationsprozess (Verbrennung, Explosion) nicht ausreichenden Menge an Sauerstoff noch kein Oxyhydrogen im eigentlichen Sinne vor. Von der Speicherung von Oxyhydrogen ist unserer Ansicht nach grundsätzlich abzuraten.



Nur durch sie kann der Leser davon ausgehen, dass die Wissensbildung nicht im Sinne großer Geldgeber manipuliert wird: durch unabhängige Berichterstattung. Nur durch sie kann der Wille der Menschen ihrem Wohle dienen, denn nur der richtig informierte Bürger kann die richtigen Entscheidungen treffen. 

Unabhängige Berichterstattung kann nur von dem am Leben erhalten werden, dem sie dienlich ist: Vom Bürger, von Ihnen. Bitte spenden Sie hier.

Wir bemühen uns, Ihnen ein zutreffendes Abbild der Realität zu vermitteln, doch sind wir nicht perfekt. Sollten Ihnen Fehler auffallen, so bitten wir Sie, uns diese mitzuteilen. Vielen Dank.

 


Hintergrundfoto des Artikel-Covers mit freundlicher Genehmigung des Rechteinhabers Fliegerweb.com



[1]
European Union | Naturalhy Study ENG.pdf

[2] Ehrnsberger, A. J. | H2-Energiekonzept GER.pdf

[3] Savannah River Company | Management of Leaks ENG.pdf

[4] CAU Kiel | Ficksche-Gesetze GER.pdf

[5] DWV | Wasserstoff Sicherheits Kompendium GER.pdf

[6] Störfallkommission | Anwendung H2-Technologie GER.pdf

[7] Hansestadt Hamburg | H2-Studie GER.pdf

[8] Kaesche, Dr. rer. Nat. H.: „Die Korrosion der Metalle“, Springer Verlag, ISBN 978-3-642-18427-7, Berlin, 2011

[9] Katsuhiko, Hirose: „Handbook of Hydrogen Storage“, Hirscher, M. (Hrsg.), Wiley-VCH Verlag, ISBN: 978-3-527-32273-2, Weinheim, 2010

[10] Tiegel, M. C.| H2-induzierte Rissbildung in Eisen GER.pdf

[11] Katsuhiko, Hirose: „Handbook of Hydrogen Storage“, Hirscher, M. (Hrsg.), Wiley-VCH Verlag, ISBN: 978-3-527-32273-2, Weinheim, 2010

[12] [13] Lewis RC | H2 Environment Embrittlement ENG.pdf